Stell dir vor, du wohnst in einer Mietwohnung mit einer Küche, die aus den 90er-Jahren stammt. Die Arbeitsplatte ist rissig, der Backofen heizt nur noch auf halber Leistung, und der Dunstabzugshaube fehlt der Filter. Du willst was ändern - aber darfst du das? Und wer zahlt, wenn etwas kaputt geht? Viele Mieter fragen sich das, besonders wenn sie eine Küche renovieren wollen, die ihnen nicht mehr gerecht wird. Die Antwort ist nicht einfach. Es geht nicht nur um Geschmack oder Design - es geht ums Mietrecht.
Was gehört eigentlich zur vertragsgemäßen Küchenausstattung?
Ein Vermieter muss dir eine Küche bereitstellen, die du tatsächlich nutzen kannst. Das steht im BGB, § 535. Es geht nicht um Luxus, sondern um Funktion. Die Mindestausstattung ist klar: eine Spüle, Kochplatten (oder ein Herd), und ein Kühlschrank. Ein Backofen gehört dazu, wenn er zur Kochstelle gehört - also bei einer Einbauküche. Ein Geschirrspüler? Nein, der ist kein gesetzlicher Standard, auch wenn fast alle neuen Wohnungen ihn haben. Der Vermieter muss ihn nicht einbauen, aber wenn er ihn mitvermietet, ist er verantwortlich, wenn er kaputtgeht.
Das hat das Amtsgericht Besigheim 2023 klargestellt: Selbst wenn der Mietvertrag sagt, die Küche sei nicht Bestandteil des Vertrags - sie ist es trotzdem. Denn du mietest die Wohnung, nicht nur die vier Wände. Und eine Wohnung ohne funktionierende Küche ist nicht bewohnbar. In Berlin gilt sogar ein spezielles Gesetz: Dort muss mindestens eine Kochgelegenheit und ein Ausguss vorhanden sein. Zwei Herdplatten reichen, auch ein Campingkocher ist erlaubt - aber kein Vermieter darf dir eine Küche ohne Spüle vermieten.
Wer zahlt, wenn der Kühlschrank streikt?
Wenn ein Gerät kaputtgeht, ist der Vermieter in der Pflicht - es sei denn, du hast es selbst beschädigt. Das ist kein Spiel, sondern Recht. Der Bundesgerichtshof hat 2016 entschieden: Wer eine Wohnung mit Küche mietet, muss diese auch nutzen. Und wenn der Kühlschrank nicht mehr kühlt, ist das kein Mieterproblem, sondern ein Vermieterproblem.
Es gibt aber eine Ausnahme: die Kleinreparaturklausel. Viele Mietverträge enthalten diese. Sie sagt: Du zahlst Reparaturen bis zu einem bestimmten Betrag - oft 75 Euro pro Fall. Aber Achtung: Diese Klausel ist nur dann gültig, wenn sie klar formuliert ist und du nicht für alles zahlen musst. Wenn der Herd komplett ausfällt, ist das keine Kleinreparatur. Das ist ein Großschaden. Und wenn der Vermieter dir sagt: „Du musst den Geschirrspüler selbst reparieren“, dann hat er unrecht - es sei denn, du hast ihn selbst kaputtgemacht.
Ein Fall aus Berlin 2025 zeigt, wie es laufen kann: Eine Mieterin bekam einen defekten Dunstabzugshauben - der Vermieter zögerte. Sie drohte mit Mietminderung, stützte sich auf das Urteil von Besigheim, und nach zwei Wochen wurde die Haube repariert. Kein Anwalt nötig, nur Wissen.
Darfst du die Küche umbauen?
Wenn du eine neue Arbeitsplatte aus Stein haben willst, oder eine moderne Dunstabzugshaube einbauen möchtest - du darfst es nicht einfach machen. Du brauchst die schriftliche Zustimmung deines Vermieters. Das hat das Amtsgericht Hamburg-Wandsbek schon 1993 entschieden. Und das gilt auch für kleine Änderungen: neue Lichter, andere Schranktüren, neue Griffe - alles muss genehmigt werden.
Warum? Weil du die Wohnung am Ende wieder in den ursprünglichen Zustand zurückversetzen musst. Wenn du die Küchenfronten ausgetauscht hast, musst du sie beim Auszug wieder einbauen. Wenn du eine Wand durchbrochen hast, um die Dunstabzugshaube anzuschließen, musst du die Wand wieder schließen und verputzen. Sonst kannst du deine Kaution verlieren.
Es gibt aber eine Ausnahme: Wenn du den Vermieter überzeugst, dass deine Änderung den Wert der Wohnung erhöht - etwa durch eine energieeffiziente Spülmaschine -, kann er dir die Kosten teilen oder sogar die neuen Teile übernehmen. Aber das ist freiwillig. Du kannst nicht verlangen, dass er das macht.
Wie oft musst du renovieren - und was ist überhaupt eine Schönheitsreparatur?
Ein Mythos hält sich hartnäckig: „Mieter müssen alle drei Jahre die Küche renovieren.“ Das stimmt nur, wenn es im Mietvertrag steht - und nur, wenn die Formulierung weich ist. „Regelmäßig“, „üblicherweise“, „in der Regel“ - das sind die Schlüsselwörter. Wenn dein Vertrag schreibt: „Du renovierst die Küche alle drei Jahre“, dann ist das unwirksam. Das hat das Amtsgericht München 2004 entschieden.
Warum? Weil Schönheitsreparaturen nicht einfach auf Mieter abgewälzt werden dürfen. Du musst nicht neu streichen, wenn die Farbe abblättert - es sei denn, du hast sie beschädigt. Du musst nicht neue Fliesen legen, wenn sie nur abgenutzt sind. Das ist Abnutzung, nicht Verschuldung. Und die Abnutzungsdauer einer Küche liegt zwischen 10 und 25 Jahren. Nach 25 Jahren gilt sie als „abgewohnt“. Dann muss der Vermieter die Küche komplett erneuern - und das ohne Mietsteigerung.
Ein Fall aus Freiburg: Ein Mieter hatte eine 22-jährige Küche. Der Vermieter wollte 2.000 Euro für neue Schränke von ihm haben - mit der Begründung, er müsse „renovieren“. Der Mieter zog vor Gericht. Das Landgericht Berlin entschied: Nein. Die Küche war abgenutzt, nicht beschädigt. Der Vermieter musste zahlen.
Was passiert, wenn die Küche älter als 20 Jahre ist?
Das ist der wichtigste Punkt. Seit November 2024 gilt in Berlin: Wenn eine Küche älter als 20 Jahre ist, darf der Vermieter keine Reparaturkosten mehr auf den Mieter abwälzen - selbst wenn eine Kleinreparaturklausel im Vertrag steht. Das Landgericht Berlin hat das klar entschieden. Warum? Weil moderne Geräte nicht mehr reparierbar sind, Ersatzteile nicht mehr lieferbar sind, und der Mieter nicht für die Altersschäden verantwortlich sein kann.
Das ist ein großer Schritt. In vielen anderen Städten wird das noch ignoriert - aber die Rechtsprechung zieht nach. Der Deutsche Mieterbund arbeitet an einem Musterprozess, um genau diese Praxis landesweit zu stoppen. Wenn du in einer Wohnung mit einer Küche über 20 Jahren lebst und dein Vermieter dich zur Reparatur zwingt - halte ihn auf. Zitiere das Urteil. Sag ihm: „Nach dem Landgericht Berlin ist das nicht zulässig.“
Was ist mit Smart-Küchen und neuen Technologien?
Immer mehr Wohnungen bekommen intelligente Geräte: Induktionskochfelder, App-gesteuerte Backöfen, Kühlschränke mit Kamera. Aber: Wer zahlt, wenn der Kühlschrank sich nicht mehr mit dem Handy verbindet? Antwort: Niemand. Denn das gehört nicht zum vertragsgemäßen Gebrauch. Ein Kühlschrank muss kühlen - nicht Instagram-Fotos von Lebensmitteln machen. Ein Herd muss heizen - nicht Spotify abspielen.
Der Deutsche Mieterbund warnt: Vermieter, die in neuen Verträgen Klauseln einführen, die Mieter zur Übernahme von Kosten für Smart-Küchengeräte verpflichten, handeln rechtswidrig. Diese Geräte sind kein Standard. Sie sind ein Luxus. Und wenn sie kaputtgehen, muss der Vermieter sie ersetzen - oder sie entfernen und durch ein normales Gerät ersetzen.
Wie du dich schützt - praktische Tipps
- Bevor du irgendetwas veränderst: Hole dir die schriftliche Zustimmung des Vermieters. Per E-Mail reicht - aber schriftlich muss es sein.
- Wenn etwas kaputtgeht: Melde es sofort schriftlich. Mit Datum. Und behalte eine Kopie.
- Wenn der Vermieter zögert: Drohe mit Mietminderung. Das ist ein legitimes Mittel, wenn die Küche nicht nutzbar ist.
- Bei Reparaturen: Lass dich beraten. Der Mieterverein hilft kostenlos - in Freiburg, Berlin, Köln, überall.
- Bei Renovierungen: Fotografiere alles vorher. Wenn du später den Originalzustand wiederherstellen musst, brauchst du Beweise.
- Wenn du steuerlich absetzen willst: Handwerkerkosten kannst du absetzen - aber nur, wenn du sie selbst bezahlst und der Vermieter nicht zahlt. Materialkosten sind nicht absetzbar.
Die Zukunft: Was kommt 2026?
Die Bundesregierung arbeitet an einer Mietrechtsnovelle, die bis 2026 in Kraft treten soll. Sie will klare Regeln für Küchen in unterschiedlichen Altersklassen schaffen. Besonders wichtig: Energieeffizienz. Bis 2030 sollen 42 Prozent aller Mietwohnungen mit Küchen ausgestattet sein, die den neuesten Standards entsprechen. Das heißt: mehr Induktion, weniger Gas, weniger Stromverschwendung.
Das ist gut für dich. Denn wenn die Küche modernisiert wird, sinken deine Nebenkosten. Und du hast mehr Rechte. Denn wenn der Vermieter die Küche nicht modernisiert, kann er nicht einfach die Miete erhöhen - er muss erst mal nachbessern.
Die Zeiten, in denen Mieter für alte Küchen zahlen mussten, sind vorbei. Die Rechtsprechung steht auf deiner Seite. Du musst nur wissen, was du darfst - und mutig genug sein, es einzufordern.