Baufeuchte in neuen Putzen: So lüften und trocknen Sie richtig

Baufeuchte in neuen Putzen: So lüften und trocknen Sie richtig
Dez, 28 2025

Warum Ihr neuer Putz noch feucht ist - und was Sie dagegen tun müssen

Sie sind eingezogen, die Wände sind weiß, der Boden liegt - doch irgendetwas stimmt nicht. Die Luft fühlt sich schwer an, an den Ecken bildet sich Kondenswasser, und plötzlich - Schimmel. Keine Panik. Das ist kein Einzelfall. In vielen Neubauten bleibt nach der Fertigstellung noch viel Feuchtigkeit in den Wänden stecken. Diese sogenannte Baufeuchte kommt nicht von Undichtigkeiten oder schlechter Dämmung, sondern von ganz normalen Baumaterialien: Putz, Estrich, Ziegel, Beton. Sie enthalten Wasser, das beim Trocknen langsam in die Raumluft abgegeben wird. Und genau hier liegt das Problem: Viele Bauherren glauben, nach dem Einzug sei alles trocken. Das ist ein fataler Irrtum.

Wie viel Feuchtigkeit steckt wirklich im Putz?

Ein normaler Gipsputz enthält nach dem Auftrag bis zu 20 % Wasser. Kalkputz noch mehr. Diese Feuchtigkeit verdunstet nicht über Nacht. Selbst bei optimalen Bedingungen braucht ein dünner Putz mindestens zwei bis vier Wochen, um oberflächlich zu trocknen. Aber das ist nur die Oberfläche. Die Feuchtigkeit in der Tiefe braucht Monate, manchmal bis zu zwei Jahre, um vollständig abzutrocknen. Das ist kein Fehler, das ist Physik. Die Materialien müssen sich an die Umgebung anpassen - das nennt man Gleichgewichtsfeuchte. Erst wenn der Putz unter 1 % Restfeuchte hat, ist er bereit für Farbe, Tapete oder andere Veredelungen. Wer früher weiterbaut, riskiert massive Schäden: Putzplatzen, Blasenbildung, Schimmel unter der Farbe, sogar Risse im Estrich.

Die falsche Lüftung - warum Kipplüften schadet

Ein häufiger Fehler? Kipplüften. Viele denken, wenn das Fenster nur einen Spalt offen ist, wird die Luft ausgetauscht. Tatsächlich passiert das Gegenteil. Die kalte Außenluft kühlt die Wandflächen stark ab. Die warme, feuchte Luft aus dem Inneren trifft auf die kalte Wand - und kondensiert. Das Wasser bleibt an der Wand hängen, statt nach draußen zu ziehen. Das ist der perfekte Nährboden für Schimmel. Laut WD-AUSTRIA ist Kipplüften niemals empfohlen, besonders nicht in Neubauten mit hoher Baufeuchte. Stattdessen: Stoßlüften. Öffnen Sie die Fenster komplett, am besten gegenüberliegende Fenster oder Türen, für fünf bis zehn Minuten. So entsteht ein Durchzug, der die feuchte Luft schnell nach außen transportiert. Am besten vier- bis sechsmal am Tag. Morgen, mittags, abends, vor dem Schlafengehen. Und immer, wenn Sie duschen, kochen oder Wäsche trocknen.

Bautrockner und Ventilator trocknen Wände in einem modernen Zimmer, große Fenster offen, Luftströmung sichtbar.

Temperatur ist der unsichtbare Helfer

Feuchtigkeit verdunstet schneller, wenn es wärmer ist. Ideal sind 20 bis 22 °C im Raum. Bei Temperaturen unter 17 °C verlangsamt sich der Trocknungsprozess erheblich. Und bei weniger als 7 °C wird es kritisch: Die chemischen Reaktionen im Putz kommen zum Stillstand, das Wasser kann nicht mehr entweichen. Dann drohen Putzabplatzungen - und das nicht erst nach Jahren, sondern schon nach wenigen Wochen. Halten Sie die Heizung also auch in ungenutzten Räumen auf mindestens 17 °C. Nicht, weil es teuer ist - sondern weil es günstiger ist, als später die Wand neu zu machen. Die richtige Temperatur macht den Unterschied zwischen einer trockenen, gesunden Wohnung und einem Feuchtigkeitsschaden.

Hygrometer: Ihr wichtigstes Werkzeug

Ohne Messgerät sind Sie blind. Sie können nicht sehen, wie feucht die Luft ist. Und Sie können nicht wissen, wann der Putz wirklich trocken ist. Ein einfaches Hygrometer kostet weniger als 20 Euro und zeigt Ihnen die relative Luftfeuchtigkeit an. Wenn die Werte über 60 % liegen, ist Lüften angesagt. Wenn sie unter 55 % sinken, können Sie die Fenster schließen. Ein guter Tipp: Messen Sie nicht nur in der Mitte des Raums, sondern auch direkt an der Wand. Dort ist die Luft oft feuchter. Und wenn Sie wirklich sicher gehen wollen: Ein CM-Gerät (Calciumcarbid-Methode) misst die Feuchtigkeit direkt im Putz. Experten nutzen es - und Sie sollten es auch, besonders wenn Sie Fliesen, Parkett oder Teppich verlegen wollen. Kein Bodenbelag hält, wenn der Estrich oder Putz darunter noch feucht ist. Das hat schon viele zu teuren Sanierungen gezwungen.

Wann braucht man einen Bautrockner?

Reines Lüften reicht oft nicht. Besonders in modernen, luftdichten Gebäuden, die gut gedämmt sind, kann die Feuchtigkeit nicht mehr natürlich entweichen. Dann hilft nur noch technische Unterstützung. Ein Kondensationstrockner saugt die Luft an, entzieht ihr das Wasser und gibt sie wieder ab - trocken. In Kombination mit einem Ventilator, der die Luft zirkulieren lässt, beschleunigt das den Trocknungsprozess erheblich. Experten wie Kemmler empfehlen Bautrockner, wenn die Feuchtigkeit nach zwei Wochen immer noch über 60 % liegt, oder wenn der Bauablauf dringend weitergehen muss. Die Mietkosten liegen bei etwa 50 bis 100 Euro pro Woche - aber im Vergleich zu den Kosten einer Schimmelbeseitigung oder eines neu verlegten Estrichs ist das ein Schnäppchen. Viele Bauherren warten zu lange, bis sie handeln. Dann ist der Schaden schon da.

Querschnitt einer trocknenden Wand mit Feuchtigkeitsabnahme über Zeit, Schimmel im Hintergrund kontrastiert mit trockener Wand.

Was Sie nicht tun sollten

  • Nicht vorzeitig Fliesen, Parkett oder Teppich verlegen - auch wenn der Boden trocken wirkt. Der Estrich darunter kann noch voller Feuchtigkeit sein.
  • Nicht große Möbel direkt an die Wände stellen. Lassen Sie mindestens 10 cm Abstand, damit die Luft zirkulieren kann.
  • Nicht die Lüftungsanlage für die Trocknung nutzen. Sie ist für den normalen Luftaustausch da, nicht für die Entfernung von Baufeuchte. Staub und Feuchtigkeit verstopfen die Rohre.
  • Nicht auf „es wird schon trocken“ hoffen. Baufeuchte verschwindet nicht von allein - sie muss aktiv abgeführt werden.

Die Zukunft: Planung statt Reaktion

Immer mehr Bauherren lernen es: Baufeuchte ist kein Problem, das man nach dem Einzug löst. Sie ist ein Teil des Bauprozesses - und muss von Anfang an mitgeplant werden. Experten wie ISOTEC fordern, die Trocknungszeit von 1-2 Jahren in die Bauzeit einzuplanen. Das bedeutet: Nicht alles auf einmal einrichten. Nicht alles sofort verlegen. Geduld ist die beste Investition. Neue Smart-Home-Systeme helfen dabei: Feuchtigkeitssensoren im Wandbereich warnen, wenn die Werte kritisch werden. Die Bauindustrie bewegt sich langsam in diese Richtung. Aber bis dahin liegt die Verantwortung bei Ihnen. Wenn Sie Ihren Neubau schützen wollen, müssen Sie lüften - richtig, regelmäßig, mit Verstand.

Was tun, wenn Schimmel schon da ist?

Wenn Sie Schimmel entdecken, ist es zu spät für einfache Hausmittel. Reinigen Sie die Stelle nicht mit Essig oder Bleiche - das deckt nur die Oberfläche zu. Der Schimmel wächst weiter in der Wand. Rufen Sie einen Fachmann. Er misst die Feuchtigkeit im Mauerwerk, bestimmt die Ursache und entfernt den Schimmel professionell. Oft ist dann auch eine Trocknung der Wand nötig. Je früher Sie handeln, desto geringer sind die Kosten. Ein kleiner Fleck kostet 200 Euro. Ein ganzer Raum kann 5.000 Euro kosten - wenn der Estrich und die Dämmung betroffen sind. Das ist kein Horror - das ist Realität. Und es ist vermeidbar.