Barrierefreies Schlafzimmer: So gestalten Sie Bett, Wege und Licht richtig

Barrierefreies Schlafzimmer: So gestalten Sie Bett, Wege und Licht richtig
Nov, 5 2025

Ein barrierefreies Schlafzimmer ist kein Luxus - es ist eine Grundvoraussetzung für Selbstbestimmung

Stellen Sie sich vor, Sie wachen nachts auf, brauchen dringend das Badezimmer, aber der Weg ist eng, der Lichtschalter ist zu hoch, und der Kleiderschrank lässt sich nicht öffnen, weil der Abstand zum Bett nur 80 Zentimeter beträgt. Das ist keine Fantasie - das ist die Realität vieler Menschen, die in Wohnungen leben, die nicht barrierefrei geplant wurden. Die Lösung? Ein Schlafzimmer, das nach der DIN 18040-2 gestaltet ist. Diese Norm legt klar fest, wie viel Platz man braucht, wo Lichtschalter hinkommen und wie ein Bett so positioniert wird, dass man auch mit Rollator oder Rollstuhl sicher und selbstständig leben kann.

Es geht nicht darum, ein Krankenzimmer zu bauen. Es geht darum, ein echtes Schlafzimmer zu schaffen - gemütlich, funktional und für alle zugänglich. Und das funktioniert nur, wenn man drei Dinge richtig macht: das Bett, die Wege und das Licht.

Das Bett: Platz ist alles

Ein Bett ist nicht einfach nur ein Ort zum Schlafen. Es ist ein zentraler Punkt im Raum, um den sich alles dreht - das Anziehen, das Umsteigen, das Raus- und Reinholen von Wäsche. Die DIN 18040-2 unterscheidet zwischen zwei Standards: dem Basisstandard für Menschen mit Gehhilfen und dem R-Standard für Rollstuhlfahrer. Die Unterschiede sind entscheidend.

Für den Basisstandard braucht man mindestens 120 Zentimeter Platz an einer Längsseite des Bettes und 90 Zentimeter an der anderen. Klingt viel? In der Praxis ist das oft zu wenig. Wer einen Rollator nutzt, merkt schnell: 90 Zentimeter reichen nicht, um die Schubladen eines Kleiderschranks zu öffnen, wenn man daneben steht. Der R-Standard fordert 150 Zentimeter an einer Seite und 120 Zentimeter an der anderen. Das ist der Unterschied zwischen „kann man machen“ und „kann man selbstständig machen“.

Bei Doppelbetten ist die Raumgröße noch wichtiger. Experten empfehlen mindestens 20 Quadratmeter, damit man mit dem Rollstuhl problemlos um das Bett herummanövrieren kann. Die Mindestmaße für die Zimmerwände: 4,70 Meter Länge für die beiden gegenüberliegenden Wände, 4,10 Meter für die Seitenwände. Wer das nicht einhält, hat später ein Bett, das man nur von einer Seite erreichen kann - und das ist keine Lösung, sondern eine Falle.

Die Matratzengröße sollte nicht unterschätzt werden. Standardmäßig sind 160 x 200 cm oder 180 x 200 cm üblich. Aber bei Pflegebetten kann die Liegefläche kleiner sein als die Gesamtgröße. Achten Sie darauf, dass die Matratze nicht zu hoch ist. Ein idealer Betthöhenbereich liegt zwischen 45 und 55 Zentimetern - so kann man sicher aufstehen und sich setzen, ohne dass die Beine überlastet werden.

Freie Bewegungsflächen im Schlafzimmer, breite Tür und LED-Nachtbeleuchtung entlang des Weges zum Badezimmer.

Die Wege: Freie Flächen, keine Hindernisse

Ein barrierefreies Schlafzimmer hat keine Ecken, die man nicht mehr erreichen kann. Es hat keine Türschwellen, keine Kabel, die quer über den Boden liegen, und keine Möbel, die den Weg blockieren. Die DIN 18040-2 schreibt vor, dass Bewegungsflächen sich überlagern dürfen - das heißt, die Fläche vor dem Kleiderschrank kann gleichzeitig die Drehfläche für den Rollstuhl sein. Aber das funktioniert nur, wenn man es von Anfang an plant.

Die Mindestbreite für Türen: 90 Zentimeter für den R-Standard, 80 Zentimeter für den Basisstandard. Aber 80 Zentimeter ist knapp. Ein Rollstuhl braucht mindestens 85 Zentimeter, um sich sicher durchzudrehen. Wenn die Tür nur 80 Zentimeter breit ist, ist sie technisch „barrierefrei“, aber in der Praxis kaum nutzbar. Viele Menschen merken das erst, wenn der Umbau schon fertig ist - und dann ist es zu spät.

Der Platz vor dem Kleiderschrank ist der häufigste Fehler. Architekten berichten, dass 70 % der Sanierungen hier versagen. Die Norm sagt 90 Zentimeter - aber wer wirklich selbstständig Kleidung holen will, braucht 150 Zentimeter. Nur so kann man den Schrank öffnen, hineingreifen und sich nicht an den Schrank lehnen, um die Tür zu halten. Gleiches gilt für das Fußende des Bettes. Hier braucht man mindestens 120 Zentimeter, damit man den Rollstuhl an das Bett heranfahren und sich abstützen kann, wenn man umsteigt.

Der Bodenbelag ist ebenso wichtig wie der Platz. Kein Teppich, kein rutschiger Fliesenbelag. Ein antirutschender, ebenmäßiger Boden - am besten aus Holz oder LVT (Luxury Vinyl Tile) - ist ideal. Er ist leicht zu reinigen, stabil und bietet genug Halt, auch wenn man einen Rollator nutzt.

Das Licht: Nicht nur hell, sondern klug

Die Beleuchtung ist das am häufigsten vernachlässigte Element in barrierefreien Schlafzimmern. Und das, obwohl sie für Menschen mit Sehbehinderung, altersbedingten Einschränkungen oder Nachtschwierigkeiten lebenswichtig ist. Die DIN 18040-2 sagt nur, dass Lichtschalter in einer Höhe von 90 bis 110 Zentimeter über dem Boden liegen sollen. Das ist der Mindeststandard - aber längst nicht genug.

Prof. Dr. Anja Schmidt von der TU München sagt: „Lichtplanung wird systematisch unterschätzt.“ Und sie hat recht. Ein einzelner Deckenlichtschalter reicht nicht. Man braucht drei Ebenen:

  • Deckenbeleuchtung mit Dimmfunktion - so kann man abends das Licht sanft drosseln, ohne aufzustehen.
  • Seitliche Leselampen neben dem Bett, mit Bewegungsmelder. Wenn man nachts aufwacht, geht das Licht automatisch an - kein Suchen nach Schalter, kein Stolpern.
  • Nachtbeleuchtung entlang des Weges zum Badezimmer. Nicht hell, aber ausreichend, um Hindernisse zu erkennen. LED-Streifen unter dem Bettrand oder an der Wand sind ideal.

Die Lichtfarbe ist entscheidend. Zu kalt (über 4.000 Kelvin) blendet, zu warm (unter 2.700 Kelvin) wirkt trübe. Die Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband empfiehlt maximal 3.000 Kelvin - ein warmes, freundliches Weiß. Die Helligkeit sollte mindestens 200 Lux im gesamten Raum betragen. Das ist mehr als in einer normalen Wohnung - aber nötig, um Kontraste zu erkennen. Ein dunkler Kleiderschrank vor einer hellen Wand? Das ist ein Stolperfall. Ein heller Boden vor einem dunklen Teppich? Ein Risiko. Kontraste müssen bewusst gesetzt werden - nicht zufällig.

Und die Schalter? Sie müssen nicht nur in der richtigen Höhe sein, sondern auch beleuchtet. Ein Lichtschalter, den man nachts nicht sieht, ist nutzlos. Die Norm verlangt mindestens 50 Lux an der Schalterfläche - das bedeutet: ein kleines LED-Lämpchen, das beim Anfassen leuchtet. Viele Hersteller bieten das heute an - aber nur 32 % der Smart-Home-Systeme, die die Stiftung Warentest getestet hat, erfüllen diese Anforderung.

Beleuchteter Lichtschalter und automatische Nachtlampe neben dem Bett, warmes Licht ohne Text oder Symbole.

Die Kosten: Was kostet ein barrierefreies Schlafzimmer?

Ein Umbau kostet Geld. Das ist klar. Die durchschnittlichen Kosten für einen barrierefreien Schlafzimmerumbau liegen bei 12.500 Euro, wie eine Studie des Bundesministeriums für Wohnen (2022) zeigt. Davon entfallen 3.200 Euro allein auf die Beleuchtung - Lichtschalter, Dimmer, Bewegungsmelder, Nachtlichter, LED-Streifen. Das klingt viel, aber im Vergleich zu den Folgekosten eines unfunktionalen Raums ist es ein Investition.

Ein schlecht geplanter Raum führt zu Stürzen, zu Abhängigkeit, zu Pflegebedürftigkeit. Wer jetzt investiert, spart später - in Geld, Zeit und Lebensqualität. Und es gibt Fördermöglichkeiten: Die Pflegekasse zahlt bis zu 4.000 Euro pro Person für bauliche Maßnahmen, wenn sie als notwendig anerkannt werden. Die KfW bietet zinsgünstige Kredite für barrierefreie Sanierungen an. Und in einigen Bundesländern wie Sachsen-Anhalt, Berlin und Nordrhein-Westfalen gibt es zusätzliche Landesförderungen.

Die meisten Handwerker kennen die DIN 18040-2 - aber nur wenige haben die Erfahrung, sie richtig umzusetzen. Deshalb lohnt es sich, einen Barrierefreiheits-Experten hinzuzuziehen. Wohnberatungsstellen der Caritas, Diakonie oder AWO bieten kostenlose Beratung an. Sie wissen, wo die Fallstricke liegen - und wie man sie vermeidet.

Die Zukunft: Barrierefreiheit wird zum Standard

Die Nachfrage steigt. Laut dem „Barometer Barrierefreies Bauen 2023“ ist die Zahl der nach DIN 18040-2 geplanten Wohnungen im letzten Jahr um 27 % gestiegen. 68 % der Nutzer sind über 65, 22 % zwischen 50 und 65 - und 10 % haben eine chronische Erkrankung. Die Bundesregierung hat sich bis 2030 zum Ziel gesetzt, alle öffentlich geförderten Wohnungen nach R-Standard auszubauen. Das ist kein Trend - das ist eine Notwendigkeit.

Die neue Fassung der DIN 18040-2, die im Herbst 2024 erscheint, wird die Anforderungen an die Beleuchtung verschärfen. Es wird klare Vorgaben für Helligkeit, Kontraste und Notbeleuchtung geben. Wer jetzt plant, sollte diese Änderungen im Blick haben. Ein Umbau, der heute „nach Norm“ ist, könnte in zwei Jahren schon veraltet sein.

Barrierefreie Schlafzimmer werden nicht mehr als Ausnahme gelten. Sie werden Standard. Die Frage ist nicht, ob man sie braucht - sondern wann man damit anfängt. Denn wer heute plant, lebt morgen sicherer. Und das ist der einzige wirkliche Gewinn.