Wenn Sie eine Immobilie kaufen, denken Sie zuerst an den Kaufpreis. Aber der Preis auf dem Papier ist nur die Spitze des Eisbergs. Hinter den Kulissen laufen Kosten ab, die viele Käufer völlig unterschätzen: Bankgebühren und Schätzgebühren. Diese Nebenkosten können schnell mehrere tausend Euro ausmachen - und sie werden oft erst am Ende des Finanzierungsprozesses sichtbar. Dabei lassen sie sich vermeiden oder zumindest reduzieren - wenn Sie wissen, worauf Sie achten müssen.
Was sind Bankgebühren bei einer Immobilienfinanzierung?
Bankgebühren sind alle Kosten, die Ihre Hausbank oder ein Kreditinstitut für die Abwicklung Ihres Immobilienkredits erhebt. Früher war es üblich, dass Banken bis zu 2 % der Kreditsumme als Bearbeitungsgebühr verlangten. Bei einem Darlehen von 300.000 Euro wären das 6.000 Euro - ein Betrag, der fast so hoch ist wie eine Anzahlung. Glücklicherweise ist das heute selten. Seit 2014 verbietet das deutsche Verbraucherschutzrecht, dass Banken für die Kreditbearbeitung eine separate Gebühr verlangen, wenn der Kredit direkt über die Bank abgeschlossen wird.
Aber Achtung: Das heißt nicht, dass es keine Gebühren mehr gibt. Banken haben sich andere Wege ausgedacht. Der häufigste Trick: Zinszuschläge. Statt einer klaren Gebühr erhöhen sie den Zinssatz um 0,2 bis 0,5 Prozentpunkte - und verstecken die Kosten so in den monatlichen Raten. Sie zahlen nicht einmalig, sondern über die gesamte Laufzeit. Bei einem 30-jährigen Kredit mit 300.000 Euro und einem Zinszuschlag von 0,3 % addiert das über 16.000 Euro zu den Zinskosten. Das ist mehr als die meisten Menschen jemals für eine Schätzung ausgeben.
Warum tun Banken das? Weil sie wissen: Viele Käufer schauen nur auf den Sollzinssatz. Ein Angebot mit 3,1 % wirkt attraktiv - selbst wenn dahinter ein verborgener Zinszuschlag steckt. Der effektive Jahreszins (EJZ) sollte Ihnen daher immer als erstes auffallen. Er enthält Zinsen und alle versteckten Kosten. Wenn ein Angebot einen niedrigen Sollzins, aber keinen EJZ nennt: Vorsicht. Das ist ein Warnsignal.
Schätzgebühren: Wer bezahlt die Immobilienbewertung?
Bevor eine Bank Ihnen Geld leiht, muss sie wissen, wie viel die Immobilie wert ist. Dafür beauftragt sie einen unabhängigen Gutachter - und das kostet Geld. Diese Kosten nennt man Schätzgebühren oder Gutachterkosten. Sie liegen in der Regel zwischen 400 und 1.200 Euro, je nach Immobilientyp, Lage und Größe. Eine kleine Wohnung in Freiburg kostet vielleicht 500 Euro, ein Einfamilienhaus mit Grundstück in der Nähe des Schwarzwalds kann leicht 900 Euro oder mehr verschlingen.
Wichtig: Diese Gebühr zahlt grundsätzlich der Kreditnehmer. Die Bank bestellt den Gutachter, aber Sie bekommen die Rechnung. Einige Banken bieten an, die Schätzgebühr zu übernehmen - aber dann erhöhen sie den Zinssatz oder verlangen höhere Tilgung. Es ist kein Geschenk, sondern ein Tauschgeschäft. Prüfen Sie genau: Ist die kostenlose Schätzung wirklich günstiger als eine teurere Finanzierung mit niedrigerem Zins?
Und noch ein Tipp: Sie dürfen selbst einen Gutachter beauftragen. Warum? Weil die Bank ihren eigenen Gutachter wählt - und der hat oft ein Interesse daran, den Wert nicht zu hoch anzusetzen. Wenn Sie einen eigenen Gutachter beauftragen, können Sie den Wert der Immobilie unabhängig prüfen. Das ist besonders sinnvoll, wenn Sie eine ältere Immobilie kaufen oder wenn der Verkäufer den Preis überbewertet hat. Die Kosten für Ihren eigenen Gutachter zahlen Sie zwar selbst, aber im Endeffekt sparen Sie oft mehr - etwa durch eine bessere Verhandlungsposition oder eine höhere Finanzierungssumme.
Warum unterscheiden sich die Gebühren so stark?
Nicht jede Bank verlangt das Gleiche. Großbanken wie Deutsche Bank oder Commerzbank haben oft standardisierte Angebote mit festen Zinszuschlägen. Sparkassen und Volksbanken hingegen arbeiten oft individueller. Sie prüfen Ihre Bonität, Ihre Einkommenssituation und sogar Ihre Lebensgeschichte. Das kann bedeuten: Sie zahlen weniger - oder mehr. Eine Bank, die Ihnen 3,2 % anbietet, könnte eine versteckte Gebühr von 0,4 % einbauen. Eine andere Bank bietet 3,5 %, aber keine Zusatzkosten. Welches Angebot ist günstiger? Nur der effektive Jahreszins sagt es Ihnen.
Regionale Banken sind oft überraschend günstig. In Freiburg oder Karlsruhe finden Sie lokale Institute, die keine Bearbeitungsgebühren verlangen und auch keine Zinszuschläge aufbringen - einfach weil sie weniger Bürokratie haben und sich auf langfristige Kundenbeziehungen konzentrieren. Die große Bank in der Stadtmitte hat mehr Kosten - und die geben sie an Sie weiter. Ein zweiter Blick lohnt sich also immer.
Wie Sie versteckte Kosten entlarven
Wenn Sie ein Angebot bekommen, fragen Sie sich: Was ist der echte Preis? Hier ist eine einfache Methode:
- Notieren Sie den Sollzinssatz - aber ignorieren Sie ihn erst mal.
- Suchen Sie den effektiven Jahreszins (EJZ). Der muss laut Gesetz angegeben werden.
- Wenn der EJZ nur 0,1 bis 0,2 % über dem Sollzins liegt: gut. Dann sind kaum versteckte Kosten drin.
- Wenn der EJZ 0,4 % oder mehr über dem Sollzins liegt: dann steckt eine versteckte Gebühr dahinter - wahrscheinlich ein Zinszuschlag.
- Rechnen Sie aus: Bei 300.000 Euro und einem EJZ von 3,8 % statt 3,4 % zahlen Sie über 30 Jahre etwa 18.000 Euro mehr an Zinsen. Das ist mehr als die Hälfte eines neuen Kühlschranks.
Verlangt die Bank eine separate Schätzgebühr? Dann fragen Sie: „Kann ich die Schätzung selbst beauftragen?“ Wenn die Antwort nein lautet, dann ist das ein Zeichen dafür, dass die Bank Kontrolle behalten will - und vielleicht den Wert niedrig ansetzt, um weniger Kredit zu gewähren.
Was Vermittler wirklich kosten
Viele nutzen Vermittler wie Interhyp, Dr. Klein oder andere Online-Plattformen. Die sagen: „Wir sind kostenlos für Sie.“ Stimmt - aber nur, wenn Sie direkt über sie abschließen. Die Bank zahlt dem Vermittler eine Provision. Und diese Provision kommt nicht aus dem Nichts. Sie wird über höhere Zinsen oder versteckte Gebühren an Sie weitergegeben. Einige Vermittler bekommen höhere Provisionen, wenn sie Kunden auf teurere Angebote lenken. Das ist legal - aber nicht immer im Interesse des Kunden.
Ein guter Vermittler zeigt Ihnen mehrere Angebote mit EJZ und erklärt, wo die Unterschiede liegen. Ein schlechter Vermittler zeigt Ihnen nur das Angebot mit dem niedrigsten Sollzins - und verschweigt, dass der EJZ 0,6 % höher ist. Fragen Sie immer: „Welches Angebot hat den niedrigsten effektiven Jahreszins?“ Nicht den niedrigsten Sollzins. Das ist der entscheidende Unterschied.
Wie viel Geld können Sie sparen?
Stellen Sie sich vor: Sie kaufen eine Wohnung für 350.000 Euro. Sie finanzieren 80 %, also 280.000 Euro. Die Schätzgebühr beträgt 600 Euro. Die Bank verlangt keine Bearbeitungsgebühr - aber der Sollzins ist 3,2 %, der effektive Jahreszins aber 3,6 %. Das ist ein Unterschied von 0,4 %.
Über 30 Jahre zahlen Sie bei 3,2 % insgesamt 173.000 Euro Zinsen. Bei 3,6 % sind es 202.000 Euro. Der Unterschied: 29.000 Euro. Plus die 600 Euro Schätzgebühr: 29.600 Euro. Das ist fast so viel wie ein neues Auto. Und das alles nur, weil Sie den EJZ nicht geprüft haben.
Jetzt vergleichen Sie mit einem anderen Angebot: Sollzins 3,5 %, aber EJZ 3,52 %. Keine versteckten Gebühren. Die Schätzgebühr zahlen Sie selbst - 600 Euro. Insgesamt zahlen Sie 198.000 Euro Zinsen. Plus 600 Euro: 198.600 Euro. Sie sparen 4.000 Euro gegenüber dem ersten Angebot - obwohl der Sollzins höher war.
Das ist der Punkt: Der niedrigste Sollzins ist nicht das günstigste Angebot. Der niedrigste EJZ ist es.
Was Sie jetzt tun sollten
Wenn Sie eine Immobilie finanzieren, machen Sie das nicht nur mit dem ersten Angebot, das Ihnen jemand zeigt. Machen Sie drei Dinge:
- Verlangen Sie von jeder Bank den effektiven Jahreszins - nicht nur den Sollzins.
- Fragen Sie: „Gibt es versteckte Gebühren?“ Wenn die Antwort unklar ist, fragen Sie nochmal - und schreiben Sie es auf.
- Beauftragen Sie einen eigenen Gutachter, wenn Sie unsicher sind. Es kostet 500-800 Euro - aber spart oft 10.000 Euro oder mehr.
Und vergessen Sie nicht: Banken sind keine Freunde. Sie wollen Geld verdienen. Sie sind nicht dafür da, Ihnen zu helfen. Sie sind dafür da, dass Sie Geld zurückzahlen - mit Zinsen. Ihre Aufgabe ist es, die Zahlen zu verstehen - und nicht den schönen Verkäufer zu mögen.
Die Zeiten, in denen man einfach einen Kredit aufnahm, sind vorbei. Heute zahlt man mit dem Kopf - nicht mit dem Herzen. Und wer den Kopf einschaltet, spart Tausende - und macht keine bösen Überraschungen.